/Docs/G/ALI-Unidroit-TransnationalCivilProcedure/DE/Form/0.md
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ALI/UNIDROIT-Principles of Transnational Civil Procedure*

Gegenstand und Anwendungsbereich
Die Principles of Transnational Civil Procedure definieren grundlegende verfahrensrechtliche Anforderungen an gerichtliche Verfahren in internationalen Handelssachen. Sie eignen sich aber gleichermaßen für die meisten anderen zivilprozessualen Streitigkeiten und können allgemein als Grundlage künftiger Reformen des Zivilprozesses dienen.
  1. Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und fachliche Qualifikation des Gerichts und seiner Richter
    1. Das Gericht und seine Richter sollen richterliche Unabhängigkeit besitzen, um den Rechtsstreit entsprechend der Sach- und Rechtslage entscheiden zu können. Diese richterliche Unabhängigkeit umfasst die Freiheit von ungerechtfertigter innergerichtlicher und äußerer Einflussnahme.
    2. Richter sollten eine angemessene Amtszeit haben. Mitglieder eines Gerichts, die nicht Berufsrichter sind, sollen im Rahmen eines Verfahrens ernannt werden, das ihre Unabhängigkeit von den Parteien, vom Verfahrensausgang und von anderen Personen gewährleistet, die ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben.
    3. Das Gericht soll unparteilich sein. Ein Richter oder eine andere zur Entscheidung berufene Person darf im Verfahren nicht tätig werden, wenn begründete Zweifel an der Unbefangenheit bestehen. Über Befangenheitsanträge ist in einem fairen und effektiven Verfahren zu entscheiden.
    4. Weder Gericht noch Richter sollen von einer Partei in Abwesenheit der anderen Partei Erklärungen zum Rechtsstreit entgegennehmen, es sei denn, es handelt sich um ein einseitiges Verfahren ohne vorheriges Gehör oder um Mitteilungen rein technisch-verwaltungsmäßiger Art. Im Falle einseitiger Verhandlung in Abwesenheit der anderen Partei soll die andere Partei sofort vom Inhalt der einseitigen Verhandlung unterrichtet werden.
    5. Das Gericht soll über sichere Rechtskenntnisse und richterliche Erfahrung verfügen.
  2. Internationale Zuständigkeit
    1. Internationale Zuständigkeit ist gegeben,
      1. wenn sich die Parteien darüber einig sind, sich der Entscheidung des Rechtsstreits durch das angerufene Gericht zu unterwerfen;
      2. wenn zwischen dem Staat, dessen Gericht angerufen worden ist, und der beklagten Partei, dem streitigen Rechtsgeschäft oder dem streitigen Geschehnis eine wesentliche Verbindung besteht. Eine wesentliche Verbindung ist anzunehmen, wenn sich ein erheblicher Teil des Rechtsgeschäfts oder Geschehnisses im Gerichtsstaat ereignet hat, wenn die beklagte Partei ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Gerichtsstaat hat, sie als selbständige rechtliche Einheit unter dem Recht des Gerichtsstaats gegründet worden ist oder dort den Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit hat, oder wenn streitbefangenes Vermögen im Gerichtsstaat belegen ist.
    2. Wenn vernünftigerweise kein anderer Gerichtsstand verfügbar erscheint, kann Grundlage internationaler Zuständigkeit auch sein
      1. der Aufenthalt der beklagten Partei im Gerichtsstaat oder ihre Staatsangehörigkeit,
      2. die Belegenheit von Vermögen der beklagten Partei im Gerichtsstaat unabhängig von seiner Streitbefangenheit, jedoch soll die Wirkung der gerichtlichen Entscheidung dann auf dieses Vermögen oder seinen Wert beschränkt bleiben.
    3. Ein Gericht kann einstweilige Maßnahmen anordnen, die Personen oder Vermögen im Gerichtsstaat betreffen, auch wenn das Gericht keine Zuständigkeit für das Verfahren in der Hauptsache hat.
    4. Die Zuständigkeit ist grundsätzlich zu verneinen, wenn sich die Parteien bereits vorher auf die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts geeinigt haben.
    5. Zuständigkeit kann verneint oder das Verfahren ausgesetzt werden, wenn das Gericht zur Entscheidung des Rechtsstreits offensichtlich ungeeignet ist verglichen mit einem anderen geeigneteren Gericht, dessen Zuständigkeit gegeben ist.
    6. Das Gericht soll seine Zuständigkeit verneinen oder das Verfahren aussetzen, wenn das Verfahren schon bei einem anderen zuständigen Gericht rechtshängig ist, es sei denn, es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Rechtsstreit vom anderen Gericht nicht fair, effektiv und angemessen rasch entschieden wird.
  3. Gleichheit der Parteien im Prozess
    1. Das Gericht sollte die Gleichbehandlung der Parteien gewährleisten und den Parteien ausreichend Gelegenheit geben, ihre Rechte geltend zu machen und zu verteidigen.
    2. Das Recht auf Gleichbehandlung umfasst den Ausschluss jedweder ungerechtfertigten Benachteiligung, insbesondere aufgrund der Nationalität oder des Wohnsitzes. Das Gericht soll Schwierigkeiten berücksichtigen, denen sich eine fremde Partei im Rahmen ihrer Prozessführung ausgesetzt sieht.
    3. Niemand soll nur deshalb zur Sicherheitsleistung für Verfahrenskosten oder für die Haftung aus dem Vollzug einstweiliger Maßnahmen verpflichtet werden, weil er kein Staatsangehöriger des Gerichtsstaates ist oder dort keinen Wohnsitz hat.
    4. Wenn irgend möglich sollen Regelungen der örtlichen Zuständigkeit den Zugang zum Gericht nicht für Personen unnötig erschweren, die im Gerichtsstaat keinen Wohnsitz haben.
  4. Recht auf anwaltlichen Beistand
    1. Jede Partei hat das Recht, einen Anwalt ihrer Wahl zu beauftragen. Dieses Recht umfasst sowohl die Vertretung durch einen beim Prozessgericht vertretungsbefugten Anwalt als auch die Rechtsbeistandschaft durch einen anderenorts zugelassenen Anwalt vor dem Prozessgericht.
    2. Die anwaltliche Unabhängigkeit ist zu gewährleisten. Ein Anwalt muss seine Treuepflichten gegenüber seinem Mandanten erfüllen und seiner Verpflichtung zur anwaltlichen Verschwiegenheit nachkommen können.
  5. Ordnungsmäßige Zustellung und rechtliches Gehör
    1. Parteien, die nicht selbst Kläger sind, müssen vom Beginn eines Verfahrens in einer Weise benachrichtigt werden, die vernünftigerweise Erfolg erwarten lässt. Der Benachrichtigung soll eine Ausfertigung der Klagschrift beigefügt sein oder sie muss in anderer Weise das Vorbringen der Klageschrift sowie die genauen Anträge des Klägers wiedergeben. Eine verklagte Partei soll über das für die Klageerwiderung geltende Verfahren belehrt und darauf hingewiesen werden, dass bei versäumter rechtzeitiger Klageerwiderung ein Versäumnisurteil ergehen kann.
    2. Die Schriftstücke gemäß Grundprinzip 5.1 müssen in der Sprache oder einer der Sprachen des Gerichtsstaates abgefasst sein und zusätzlich in der Sprache oder einer der Sprachen des Staates, in dem die zu benachrichtigende natürliche Person ihren ständigen Wohnsitz oder eine zu benachrichtigende selbständige rechtliche Einheit den Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit hat, oder zusätzlich in der Sprache der wesentlichen Urkunden des streitbefangenen Rechtsgeschäfts. Der Beklagte und andere Parteien sollen ihr Verteidigungsvorbringen sowie anderen Vortrag oder Anträge in einer Gerichtssprache gemäß Grundprinzip 6 mitteilen.
    3. Nach Verfahrensbeginn müssen Anträge und Gesuche anderer Parteien und gerichtliche Entscheidungen allen Parteien sofort zugestellt werden.
    4. Die Parteien haben das Recht, erhebliche Tatsachen vorzutragen und Rechtsausführungen vorzubringen sowie zugehörige Beweismittel anzubieten.
    5. Jede Partei soll ausreichende Gelegenheit und vernünftig bemessene Zeit haben, auf Tatsachenbehauptungen, Rechtsausführungen und Beweisangebote anderer Parteien zu erwidern und zu Verfügungen oder Anregungen des Gerichts Stellung zu nehmen.
    6. Das Gericht soll das gesamte Vorbringen der Parteien berücksichtigen und sich zu den wesentlichen Streitpunkten äußern.
    7. Die Parteien können sich einverständlich und mit Zustimmung des Gerichts schleuniger Kommunikationsmittel wie der Telekommunikation bedienen.
    8. Eine gerichtliche Anordnung, welche die Interessen einer Partei berührt, soll ohne ihr vorheriges Gehör nur ergehen und vollzogen werden, wenn eine dringende Notwendigkeit nachgewiesen ist und überwiegende rechtliche Interessen hierfür sprechen. Eine Anordnung ohne vorheriges Gehör soll die Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Interessen wahren, deren Schutz der Antragsteller begehrt. Sobald als möglich soll die betroffene Partei Kenntnis von der Anordnung und von dem ihr zugrunde liegenden Sachverhalt erhalten, und sie soll das Recht haben, sofortige und volle Überprüfung durch das Gericht zu beantragen.
  6. Gerichtssprache
    1. Das Verfahren soll in der Gerichtssprache oder einer der Gerichtssprachen geführt werden. Dies gilt für schriftliche Unterlagen und mündliche Erklärungen.
    2. Das Gericht kann den Gebrauch anderer Sprachen ganz oder teilweise erlauben, wenn hieraus kein Nachteil für eine Partei entsteht.
    3. Wenn eine Partei oder ein Zeuge die Sprache, in der das Verfahren geführt wird, nicht beherrscht, soll für eine Übersetzung gesorgt werden. Die Übersetzung länglicher und umfangreicher Urkunden kann auf Teile beschränkt werden, soweit die Parteien sich hierauf einigen oder das Gericht dies anordnet.
  7. Grundsatz schleunigen Rechtsschutzes
    1. Das Gericht soll den Rechtsstreit in angemessener Zeit erledigen.
    2. Die Parteien haben die Pflicht zur Zusammenarbeit und das Recht auf angemessenes Gehör bei der Terminierung. Prozessordnungen oder gerichtliche Verfügungen können einen vernünftigen zeitlichen Verfahrensablauf und Fristen vorschreiben und gegen die Parteien oder ihre Anwälte für die Nichtbefolgung von Fristenregelungen oder Verfügungen Sanktionen verhängen, wenn sie nicht durch gute Gründe entschuldigt ist.
  8. Einstweilige Maßnahmen und einstweiliger Rechtsschutz
    1. Das Gericht kann eine einstweilige Maßnahme treffen, wenn dies erforderlich ist, um wirksamen Rechtsschutz durch das Endurteil des Hauptsacheverfahrens zu gewährleisten oder den bestehenden Rechtszustand aufrechtzuerhalten oder in anderer Weise zu regeln. Für einstweilige Maßnahmen gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
    2. Ein Gericht kann eine einstweilige Maßnahme ohne vorheriges Gehör nur bei dringender Notwendigkeit und überwiegenden rechtlichen Interessen anordnen. Der Antragsteller muss alle Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte offen legen, die das Gericht billigerweise kennen sollte. Dem Antragsgegner, gegen den die einstweilige Maßnahme ohne Gehör erlassen worden ist, muss zum frühest möglichen Zeitpunkt Gelegenheit gegeben sein, sich zur Angemessenheit der Maßnahme Gehör zu verschaffen.
    3. Wer eine einstweilige Maßnahme beantragt hat, haftet in der Regel für die Entschädigung einer Person, gegen welche die einstweilige Maßnahme erlassen worden ist, wenn das Gericht später entscheidet, dass dieser einstweilige Rechtsschutz nicht hätte gewährt werden dürfen. In geeigneten Fällen muss das Gericht vom Antragssteller des einstweiligen Verfahrens Sicherheitsleistung oder eine förmliche Haftungsverpflichtung verlangen.
  9. Gliederung des Verfahrens
    1. Das Verfahren soll sich in der Regel in drei Abschnitte gliedern: den Abschnitt für schriftsätzlichen Vortrag, den Zwischenabschnitt und einen abschließenden letzten Verfahrensteil.
    2. In dem Verfahrensabschnitt, der dem schriftlichen Vortrag gewidmet ist, müssen die Parteien in ihren Schriftsätzen ihre Ansprüche, ihre Verteidigungsmittel und ihr übriges Vorbringen darlegen und ihre hauptsächlichen Beweismittel im einzelnen benennen.
    3. Im Zwischenabschnitt des Verfahrens soll das Gericht soweit erforderlich
      1. Termine zur Verfahrensvorbereitung abhalten;
      2. einen Zeitplan für den Verfahrensablauf festlegen;
      3. Gesichtspunkte behandeln, die frühe Berücksichtigung verdienen, wie Zuständigkeitsfragen, einstweilige Maßnahmen und Verjährungsfragen;
      4. die Verfügbarkeit, Zulässigkeit, Offenlegung und den Austausch von Beweismitteln erörtern und regeln;
      5. möglicherweise erledigungsreife Streitpunkte ermitteln, um eine frühzeitige Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil zu ermöglichen; und
      6. Beweisaufnahmen anordnen.
    4. Im letzten Verfahrensteil soll grundsätzlich im Rahmen einer einheitlichen und abschließenden Verhandlung, in der die Parteien auch ihre Schlussplädoyers halten, Beweis erhoben werden, soweit dies nicht bereits im Zwischenabschnitt gemäß Grundprinzip 9.3.6 geschehen ist.
  10. Parteidisposition und Streitgegenstand
    1. Das Verfahren soll durch die Klage(n) des Klägers eingeleitet werden, nicht von Amts wegen durch das Gericht.
    2. Für Verjährungshemmung, Rechtshängigkeit und andere Voraussetzungen rechtzeitiger Rechtswahrnehmung ist der Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage bei Gericht maßgeblich.
    3. Der Streitgegenstand wird durch die schriftsätzlichen Klaganträge und Verteidigungsmittel der Parteien bestimmt, einschließlich zulässiger nachträglicher Änderungen.
    4. Eine Partei hat bei Vorliegen guter Gründe das Recht, ihre Klaganträge oder ihr Verteidigungsvorbringen unter Wahrung des Gehörs der anderen Parteien zu ändern. Die Änderung darf nicht zu einer unangemessenen Verfahrensverzögerung oder anderen ungerechtfertigten Nachteilen führen.
    5. Die Parteien müssen das Recht haben, das Verfahren ganz oder teilweise aus eigenem Entschluss zu beenden oder in anderer Weise zu ändern, und zwar durch Klagrücknahme und Verzicht, Geständnis und Anerkenntnis oder gütliche Einigung. Eine Partei darf das Verfahren nicht einseitig beenden oder in anderer Weise einseitig ändern, wenn daraus ungerechtfertigte Nachteile für eine andere Partei entstehen.
  11. Pflichten der Parteien und ihrer Anwälte
    1. Die Parteien und ihre Anwälte müssen gegenüber dem Gericht und den anderen Parteien die Grundsätze redlicher Prozessführung wahren.
    2. Es ist die gemeinsame Aufgabe von Parteien und Gericht, das Verfahren mit dem Ziel einer fairen, effizienten und angemessen schnellen Streiterledigung zu fördern. Die Parteien müssen sich während des Verfahrens jeglichen missbräuchlichen Verhaltens, wie etwa Zeugenbeeinflussung oder Beweisvereitelung, enthalten.
    3. In dem Verfahrensabschnitt, der dem schriftlichen Vortrag gewidmet ist, müssen die Parteien die rechtserheblichen Tatsachen, ihre Rechtsausführungen und ihre Anträge hinreichend substantiiert und bestimmt vorbringen und die verfügbaren Beweismittel, die sie zum Beweis ihrer Tatsachenbehauptungen anbieten, hinreichend genau beschreiben. Wenn eine Partei gute Gründe für ihr Unvermögen vorbringt, die rechtserheblichen Tatsachen ausreichend zu substantiieren oder die Beweismittel mit genügender Bestimmtheit zu beschreiben, so soll das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Möglichkeit berücksichtigen, dass sich die notwendigen Tatsachen und Beweismittel später im Verlauf des Verfahrens ergeben oder herausstellen können.
    4. Das ungerechtfertigte Versäumnis einer Partei, rechtzeitig auf den Vortrag der Gegenpartei zu erwidern, kann nach vorherigem Hinweis ausreichende Grundlage dafür sein, den Vortrag als zugestanden oder unbestritten zu betrachten.
    5. Die Anwälte einer Partei haben die standesrechtliche Pflicht, die Parteien bei der Wahrnehmung ihrer prozessualen Pflichten zu unterstützen.
  12. Objektive und subjektive Klagehäufung. Intervention
    1. Eine Partei kann jedwede Klage gegen eine andere Partei oder Dritte erheben, die eine wesentliche Verbindung zum Streitgegenstand aufweist. Für Klagen gegen Dritte muss die internationale Zuständigkeit des Gerichts gegeben sein.
    2. Wer berechtigte Interessen mit einer wesentlichen Verbindung zum Streitgegenstand hat, kann einen Antrag auf Zulassung als Intervenient stellen. Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Benachrichtigung Dritter mit berechtigten Interessen anordnen und sie zur Intervention auffordern. Die Intervention ist zuzulassen, wenn sie nicht zu einer unangemessenen Verzögerung oder Störung des Verfahrens führt oder eine Partei in anderer Weise unbillig benachteiligt.
    3. Das Gericht soll die Erlaubnis zum Parteiwechsel oder zur Rechtsnachfolge im Prozess erteilen, wenn dies sachdienlich erscheint.
    4. Die neu beteiligte Partei hat grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten hinsichtlich der Verfahrensbeteiligung und gemeinsamen Prozessförderung wie die ursprünglichen Parteien. Der genaue Umfang dieser Rechte und Pflichten kann von Grund, Zeitpunkt und näheren Umständen des Beitritts oder der Intervention abhängen.
    5. Das Gericht kann die Trennung von Klagen, Verfahrensteilen oder Verfahren mit verschiedenen Parteien anordnen oder ihre Verbindung mit anderen Verfahren verfügen, wenn dies für eine gerechte oder effizientere Verfahrensführung und Entscheidung oder im Interesse der Rechtspflege sachdienlich ist. Diese Befugnis sollte auch für Parteien und Klagen gelten, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Grundprinzipien fallen.
  13. Avis d’un amicus curiae
    In das Verfahren können schriftliche Stellungnahmen Dritter zu wichtigen rechtlichen Fragen des Rechtsstreits und zur Information über sein weiteres Umfeld mit Zustimmung des Gerichts und nach Anhörung der Parteien eingebracht werden. Das Gericht kann zu einer solchen Stellungnahme auffordern. Die Parteien müssen Gelegenheit haben, sich zum Inhalt einer solchen Stellungnahme schriftsätzlich zu äußern, bevor sie das Gericht würdigt.
  14. Verfahrensleitung als Aufgabe des Gerichts
    1. So früh als sachdienlich soll das Gericht verfahrensleitende Maßnahmen ergreifen und dabei sein Ermessen in einer Weise ausüben, die eine faire und effiziente Erledigung des Rechtsstreits in angemessener Zeit erlaubt.
    2. Soweit dies praktisch sinnvoll ist, soll das Gericht verfahrensleitende Maßnahmen erst nach Anhörung der Parteien treffen.
    3. Das Gericht soll die Reihenfolge bestimmen, in der die einzelnen Streitpunkte erledigt werden sollen, und für alle Verfahrensabschnitte einen Zeitplan aufstellen, der Termine und Fristen festlegt. Das Gericht ist zur Änderung solcher Anordnungen befugt.
  15. Klagabweisung ohne Sachprüfung und Versäumnisurteil
    1. Wenn ein Kläger ohne rechtfertigende Gründe das Verfahren nicht weiterverfolgt, ist die Klage in der Regel ohne Sachprüfung abzuweisen. Vor Klagabweisung ohne Sachprüfung muss das Gericht dem Kläger einen angemessenen Hinweis geben.
    2. Gegen eine beklagte oder jede andere Partei, die ohne rechtfertigende Gründe nicht erscheint oder nicht binnen gesetzter Frist antwortet, muss in der Regel ein Versäumnisurteil ergehen.
    3. Vor Erlass eines Versäumnisurteils muss das Gericht feststellen,
      1. dass die Zuständigkeit für eine Entscheidung des Rechtsstreits mit der Partei gegeben ist, gegen die das Versäumnisurteil ergehen soll;
      2. dass ordnungsgemäße Zustellung erfolgt ist und der Partei ausreichende Zeit zur Erwiderung gegeben war;
      3. dass die Klage in angemessener Weise durch verfügbare Tatsachen und Beweismittel belegt und rechtlich schlüssig ist, auch hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs oder irgendwelcher Kostenerstattungsansprüche.
    4. Ein Versäumnisurteil darf keinen höheren Geldbetrag zusprechen und keine andere weitergehende Rechtsfolge aussprechen als in der Klagschrift beantragt.
    5. Eine Klagabweisung ohne Sachprüfung oder ein Versäumnisurteil können angefochten oder aufgehoben werden.
    6. Eine Partei, die ihre verfahrensmäßigen Pflichten in anderer Weise verletzt, unterliegt den Sanktionen nach Grundprinzip 17.
  16. Zugang zu Informationen und Beweismitteln
    1. Grundsätzlich sollen das Gericht und die Parteien Zugang zu allen Beweismitteln haben, die erheblich sind und nicht dem Schutz von Weigerungsrechten unterliegen. Diese Beweismittel umfassen die Aussage von Parteien und Zeugen, den Sachverständigenbeweis, Urkunden, den Augenschein an beweglichen Gegenständen und Grundstücken und – soweit angemessen – die Untersuchung des Körpers oder Geistes einer Person. Die Parteien sollten das Recht zur Abgabe beweiserheblicher Erklärungen haben.
    2. Auf rechtzeitigen Antrag einer Partei soll das Gericht die Offenlegung erheblicher und ausreichend bestimmter Beweismittel anordnen, die nicht dem Schutz von Weigerungsrechten unterliegen und sich im Besitz oder unter der Kontrolle einer anderen Partei oder eines Dritten befinden; Offenlegung durch Dritte ist nur bei Erforderlichkeit und unter Wahrung billiger Bedingungen anzuordnen. Der Offenlegung kann nicht mit der Begründung widersprochen werden, dass das Beweismittel einer Partei oder dem offen legenden Dritten nachteilig sein könnte.
    3. Zur Erleichterung des Zugangs zu Informationen kann der Anwalt einer Partei bei einem möglichen Zeugen eine freiwillige Befragung durchführen.
    4. Die Vernehmung von Parteien, Zeugen oder Sachverständigen soll nach den im Gerichtsstaat üblichen Regeln erfolgen. Eine Partei soll das Recht haben, an die andere Partei, den Zeugen oder den Sachverständigen unmittelbar ergänzende Fragen zu stellen, nachdem eine erste Befragung durch den Richter oder eine andere Partei erfolgt ist.
    5. Wer Beweismittel vorlegt, sei es eine Partei oder ein Dritter, hat das Recht auf eine gerichtliche Anordnung, die gegen unbillige Offenlegung vertraulicher Information schützt.
    6. Das Gericht soll Beweise frei würdigen und Art und Herkunft eines Beweismittels keine ungerechtfertigte Bedeutung zumessen.
  17. Sanktionen
    1. Das Gericht kann gegen Parteien, Anwälte und Dritte Sanktionen verhängen, wenn sie die Erfüllung ihrer verfahrensmäßigen Pflichten versäumen oder verweigern.
    2. Die Sanktionen sollen angemessen sein, im Hinblick auf die Schwere des Falles und die entstandenen Nachteile die Verhältnismäßigkeit wahren und das Ausmaß der Beteiligung am Verstoß sowie den Grad berücksichtigen, zu dem ein Verhalten von Absicht getragen war.
    3. Sanktionen, die sich gegen Parteien eignen, sind insbesondere nachteilige Würdigung; volle oder teilweise Zurückweisung von Klagen, Verteidigungsmitteln oder Behauptungen; Erlass von Versäumnisentscheidungen; Aussetzung des Verfahrens; Kostentragung zusätzlich zur regelmäßigen Kostenverteilung. Sanktionen, die sich gegen Parteien und Dritte eignen, umfassen geldwerte Nachteile wie Ordnungsgelder oder Zwangsgelder zugunsten einer anderen Partei (astreinte). Zu den geeigneten Sanktionen gegen Anwälte gehört die Auferlegung von Kosten.
    4. Das Recht des Gerichtsstaates kann weitere Sanktionen vorsehen, einschließlich strafrechtlicher Folgen für schweres und gewichtiges Fehlverhalten von Parteien oder Dritten wie Beweisführung unter falscher Beeidigung oder Gewalttätigkeit oder Nötigung.
  18. Beweisrechtliche Weigerungsrechte und Immunitäten
    1. Bei der Offenlegung von Beweismitteln oder anderen Informationen sollen Weigerungsrechte, Immunitäten oder andere Formen des Schutzes von Parteien und Dritten beachtet werden.
    2. Das Gericht soll abwägen, ob diese Formen des Schutzes die Verweigerung der Offenlegung von Beweismitteln oder anderen Informationen durch eine Partei rechtfertigen können, wenn es darüber entscheidet, ob Parteiverhalten ungünstig gewürdigt oder andere mittelbare Sanktionen verhängt werden sollen.
    3. Das Gericht soll diese Formen des Schutzes anerkennen, wenn es von seiner Befugnis Gebrauch macht, gegenüber Parteien oder Dritten unmittelbare Sanktionen zu verhängen, um die Offenlegung von Beweismitteln oder anderen Informationen zu erzwingen.
  19. Mündlichkeit und Schriftlichkeit
    1. Klage und Klageerwiderung sowie förmliche Anträge oder Ersuchen und Rechtsausführungen sollen grundsätzlich zunächst schriftlich vorgebracht werden, jedoch sollen die Parteien das Recht haben, zu wichtigen rechtlichen und verfahrensmäßigen Streitfragen mündlich vorzutragen.
    2. Die letzte mündliche Verhandlung muss vor den Richtern stattfinden, die das Urteil erlassen.
    3. Das Gericht soll das für die Zeugenvernehmung geltende Verfahren im Einzelnen genau festlegen. Grundsätzlich soll die Aussage von Parteien und Zeugen mündlich erfolgen, Sachverständigenbegutachtung schriftlich; das Gericht kann jedoch nach Anhörung der Parteien eine erste schriftliche Zeugenaussage anordnen, deren Inhalt den Parteien vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt werden soll.
    4. Wenn eine schriftliche Zeugenaussage zum hauptsächlichen Vernehmungsgegenstand oder ein schriftliches Sachverständigengutachten vorliegt, kann sich die mündliche Vernehmung auf eine zusätzliche Befragung beschränken.
  20. Öffentlichkeit des Verfahrens
    1. Grundsätzlich sollen mündliche Verhandlungen einschließlich solcher mit Beweisaufnahme oder Urteilsverkündung öffentlich sein. Nach Anhörung der Parteien kann das Gericht im Interesse der Rechtspflege, der öffentlichen Sicherheit oder des Schutzes der Privatsphäre ganz oder teilweise Vertraulichkeit anordnen.
    2. Gerichtliche Akten und Unterlagen sollen öffentlich oder entsprechend dem Recht des Gerichtsstaates in anderer Weise Personen zugänglich sein, die ein rechtliches Interesse haben oder verantwortliche Untersuchungen durchführen.
    3. In Interesse der Rechtspflege, der öffentlichen Sicherheit oder des Schutzes der Privatsphäre kann das Gericht bei grundsätzlich öffentlichen Verfahren anordnen, dass sie teilweise nichtöffentlich stattfinden.
    4. Urteile einschließlich ihrer Gründe und grundsätzlich alle anderen Entscheidungen sollen der Öffentlichkeit zugänglich sein.
  21. Beweislast und Beweismaß
    1. Grundsätzlich trägt jede Partei die Beweislast für alle erheblichen Tatsachen, die Grundlage einer ihr günstigen Entscheidung sind.
    2. Tatsachen sind als erwiesen anzusehen, wenn das Gericht vernünftigerweise von ihrer Wahrheit überzeugt ist.
    3. Wenn sich herausstellt, dass eine Partei erhebliche Beweismittel in Besitz oder unter ihrer Kontrolle hat, die offenzulegen sie ohne rechtfertigende Gründe verweigert, so kann das Gericht hinsichtlich des Streitpunktes, den ein Beweismittel beweisen sollte, der Partei ungünstige Schlüsse ziehen.
  22. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung und Rechtsfindung
    1. Das Gericht hat die Aufgabe, alle erheblichen Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen und die richtige Rechtsgrundlage für seine Entscheidungen zu bestimmen, auch soweit eine Sache auf der Grundlage ausländischen Rechts zu entscheiden ist.
    2. En donnant aux autres parties l’occasion de présenter leurs observations, le tribunal peut
    3. Grundsätzlich soll die Beweisaufnahme unmittelbar vor dem Gericht erfolgen; notwendigenfalls kann jedoch das Gericht Beweisaufnahme und Beweissicherung einem geeigneten Beauftragten übertragen und ihre Ergebnisse in der letzten mündlichen Verhandlung würdigen.
    4. Das Gericht kann über jeden erheblichen Streitpunkt, der sich für eine Begutachtung eignet, und über ausländisches Recht durch Bestellung eines Sachverständigen Beweis erheben.
      1. Wenn sich die Parteien auf einen Sachverständigen einigen, soll das Gericht diesen Sachverständigen bestellen.
      2. Eine Partei hat das Recht, zu jedem erheblichen Streitpunkt, der sich zur Begutachtung eignet, ein Gutachten eines Sachverständigen ihrer Wahl vorzulegen.
      3. Ein Sachverständiger hat, gleichgültig ob er vom Gericht oder einer Partei beauftragt ist, gegenüber dem Gericht die Verpflichtung, eine volle und unbeeinflusste Beurteilung der Gutachtensfrage abzugeben.
  23. Entscheidung und Entscheidungsgründe
    1. Nach Schluss des Parteivorbringens in der letzten mündlichen Verhandlung soll das Gericht unverzüglich ein Urteil erlassen, das schriftlich abgefasst ist oder schriftlich zu den Akten genommen wird. Das Urteil soll die ausgesprochene Rechtsfolge genau angeben und im Falle einer Geldzahlung den Betrag.
    2. Dem Urteil soll eine Erläuterung der wesentlichen tatsächlichen, rechtlichen und beweismäßigen Entscheidungsgründe beigefügt sein.
  24. Vergleich
    1. Wann immer vernünftigerweise möglich, soll das Gericht die Parteien zu einer vergleichweisen Einigung ermutigen, dabei aber die Freiheit der Parteien zur Fortsetzung des Rechtsstreits achten.
    2. Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens den Parteien die Teilnahme an außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahren erleichtern.
    3. Die Parteien sollen vor und nach Beginn des Verfahrens bei sachdienlichen Vergleichsbemühungen zusammenarbeiten. Das Gericht kann bei seiner Kostenverteilung eine unvernünftige Verweigerung der Zusammenarbeit oder unredliches Verhalten bei Vergleichsbemühungen berücksichtigen.
  25. Kosten
    1. Der obsiegenden Partei sollen grundsätzlich alle oder ein wesentlicher Teil ihrer angemessenen Kosten erstattet werden. Kosten im Sinne dieser Grundregel umfassen Gerichtsgebühren, Gebühren für gerichtliche Beamte wie Protokollführer, Auslagen wie Sachverständigengebührenoder Anwaltsgebühren.
    2. Ausnahmsweise kann das Gericht die Kostenerstattung für die obsiegende Partei verweigern oder beschränken, wenn hierfür eine klare Rechtfertigung gegeben ist. Das Gericht kann die Erstattung auf einen Anteil beschränken, der dem Kostenaufwand für die Klärung echter Streitfragen entspricht, und einer obsiegenden Partei Kostenerstattung auferlegen, die unnötige Streitfragen aufgeworfen oder in anderer Weise unangemessenen Streit veranlasst hat. Beim Erlass von Kostenentscheidungen kann das Gericht prozessuales Fehlverhalten jeder Partei während des Verfahrens in Rechnung stellen.
  26. Sofortige Vollstreckbarkeit von Urteilen
    1. Endurteile erster Instanz sollen grundsätzlich sofort vollstreckbar sein.
    2. Das erstinstanzliche Gericht oder das Rechtsmittelgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Vollstreckung einer angefochtenen Entscheidung einstweilig einstellen, wenn das Interesse geordneter Rechtspflege dies erfordert.
    3. Sicherheitsleistung kann vom Rechtsmittelführer als Voraussetzung einstweiliger Vollstreckungseinstellung und vom Rechtsmittelgegner als Voraussetzung einer Ablehnung einstweiliger Vollstreckungseinstellung verlangt werden.
  27. Rechtsmittel
    1. Rechtsmittel sollen unter im Wesentlichen gleichen Bedingungen zur Verfügung stehen wie nach dem Recht des Gerichtsstaates gegen andere Urteile. Rechtsmittelverfahren sollen zügig abgeschlossen werden.
    2. Der Prüfungsumfang des Rechtsmittels soll grundsätzlich auf Angriffs- und Verteidigungsmittel beschränkt sein, die in erster Instanz vorgebracht sind.
    3. Das Rechtsmittelgericht kann aus Billigkeitsgründen neue Tatsachen und Beweismittel berücksichtigen.
  28. Rechtshängigkeit und Rechtskraft
    1. Soweit anderweitige Rechtshängigkeit zu beurteilen ist, bestimmt sich der Streitgegenstand nach den schriftsätzlichen Anträgen der Parteien einschließlich späterer Änderungen.
    2. Soweit die Unzulässigkeit einer Klage wegen entgegenstehender Rechtskraft zu beurteilen ist, bestimmt sich der Streitgegenstand anhand der schriftsätzlichen Anträge und Verteidigungsmittel der Parteien einschließlich späterer Änderungen, sowie anhand der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung und ihrer Begründung.
    3. Eine Bindung an tragende Urteilsgründe in Gestalt tatsächlicher oder rechtlicher Feststellungen soll nur zur Vermeidung grober Ungerechtigkeit angenommen werden.
  29. Effektive Vollstreckung
    Zur raschen und effektiven Vollstreckung von Entscheidungen wie Zahlungsurteilen, Kostenentscheidungen, Handlungs- und Unterlassungstiteln oder einstweiligen Maßnahmen soll ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stehen.
  30. Anerkennung
    Endurteile eines anderen Staates, die aufgrund eines diesen Grundprinzipien im Wesentlichen entsprechenden Verfahrens erlassen worden sind, sind zu anerkennen und vollstrecken, wenn Gründe des materiellen ordre public nicht entgegenstehen. Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sind unter den gleichen Voraussetzungen zu anerkennen.
  31. Internationale Zusammenarbeit der Gerichte
    Gerichte eines Staates, der diese Grundprinzipien anerkennt, sollen Gerichten jedes anderen Staates Rechtshilfe gewähren, wenn dieser Staat ein Verfahren in Übereinstimmung mit diesen Grundprinzipien betreibt. Diese Rechtshilfe umfasst auch den Erlass von Schutzanordnungen und anderen einstweiligen Maßnahmen, sowie die Unterstützung bei der Auffindung, Sicherung und Vorlage von Beweismitteln.